Dies ist ein Appell an mich selbst. Nicht an Dich oder Euch. Es liegt mir im allgemeinen fern, jemanden zu sagen, was er tun oder nicht tun soll.
Ich möchte nur daran erinnern, wie schön es sein kann, eben ein Bestandteil der Kunst zu sein.
Warum stellt sich eigentlich jemand vor eine Kamera, wenn es dafür kein Geld gibt? Warum kauft jemand teure Technik, fotografiert damit Menschen, die er kaum kennt und verbringt Stunden mit der Nachbearbeitung, wenn es dafür kein Geld gibt?
Diese und ähnliche Fragen beschäftigen mich immer wieder. Ich finde sie so viel spannender als Fragen nach der Randschärfe des neuen Objektives von xyz, oder den Wattsekunden von… ach, egal. Unwichtiges Zeug 🙂
Diese und ähnliche Fragen werden mir auch immer mal wieder gestellt. Erst vorgestern wieder. „Dein Hobby ist also die Fotografie. Was fotografierst Du?“. Und wenig später „Was machst Du mit den Bildern?“, „Warum machst Du das?“.
Die Fragen sind völlig legitim. Natürlich gibt es da einfache Antworten drauf. Und wie ich behaupten würde, beziehen diese sich dann auch auf eher einfach denkende Menschen, die keinen relevanten Bezug zur Fotografie haben. Da gibt es „Modelle“, die schlicht ein paar Bilder für ihren Instaaccount haben wollen oder glauben vom Fame des Fotografen zu profitieren – gibt es natürlich auch andersherum. Oder „Fotografen“, die von nix eine Ahnung haben und Akt fotografieren wollen, damit sie mal eine Frau nackt sehen.
Diese Leute interessieren mich (jetzt hier) nicht.
Tja, was bringt es einem? Geld schon mal nicht. Ruhm, Ehre, Anerkennung? Vielleicht ein wenig. Aber meist auch nur in den eigenen Kreisen.
Ich glaube, dass viele es nicht verstehen, weil sie in ihrem Leben nichts aus sich heraus erschaffen. Sie leisten durchaus was. Studieren oder gehen arbeiten, gehen ins Fitnessstudio, einkaufen und was man halt so macht. Aber sie erschaffen halt nichts von Grund auf. Sie malen kein Bild, töpfern kein irgendwas, schnitzen keine Figur, schreiben kein Gedicht. Wobei das Ergebnis ja nicht mal das Entscheidende ist.
Ich bin viele Jahre Mountainbike gefahren. Da hat seltsamerweise nie jemand gefragt, warum ich das machen. Außer, wenn wir bei -5 Grad stundenlang unterwegs waren. Was, nebenbei bemerkt, bei der richtigen Kleidung überhaupt kein Problem ist.
So wie ich meine Beweggründe hinterfrage, so frage ich gelegentlich „meine“ Modelle, besonders wenn man sich noch nicht gut kennt, warum sie auf TFP arbeiten. Die prägnanteste Antwort kam von Alina; „Ich möchte ein Bestandteil der Kunst sein.“
Was für ein Satz. Bei Alina beinhaltet er keinen Hochmut, keine Arroganz, keine Ab- oder Ausgrenzung. Dafür ist in diesem Satz auch einfach kein Platz.
Wie schwer tue ich mich, das Wort „Kunst“ zu verwenden. Dieses Wort, welches im Grunde niemand erklären oder greifen kann. U.a. weil Kunst selbstreflektierend ist.
Es nicht zu verwenden, oder seine Verwender als arrogant abzutun, oder selbst arrogant zu belächeln, ist in meinen Augen der falsche Weg. Wem tut ein entspannter Umgang mit dem Begriff, der sich so schlecht greifen lässt, weh?
Der Wunsch, Teil von etwas zu sein. Oder einen Teil zu diesem Etwas beizusteuern. Über sich selbst hinaus wirksam zu sein. Ganz klein, ganz bescheiden. Aber mit viel Freude, wenn das Geschaffene andere bewegt oder gar inspiriert. Etwas zu Erschaffen. Das ist in meinen Augen der Antrieb, den ich nicht besser in Worten beschreiben kann.
Es gibt diese Momente im Leben, in denen man von der Schönheit eines Gedanken, eines Textes, Bildes oder Musikstückes oder eines Anblicks zutiefst ergriffen ist. In dem man überwältigt ist. In dem man mehr empfindet als versteht. Indem der Wille entsteht, selbst zu den Erschaffenden zu gehören.
Oder es gibt diesen Moment eben nicht. Ich kenne einige Leute, die mit Kunst und Kultur wenig am Hut haben. Die kommen auch gut durchs Leben. Brauchen tut man das alles nicht. So meine Überzeugung.
Ich möchte auch ein Bestandteil der Kunst sein. Natürlich werde ich nicht berühmt und meine Arbeiten nicht bedeutend und nur wenige Menschen kennen sie überhaupt. Noch weniger finden sie gut oder interessant. Es ist halt ein winzig kleiner Bestandteil der Kunst.
Ich glaube nicht, dass meine Fotos die Kultur oder das Erbe der Gesellschaft verändern werden.
Dennoch, Arbeiten, die ich für besonders gelungen halte, möchte ich teilen. Weniger um Anerkennung zu erhalten als Aufmerksamkeit für das Foto. Ich mache auch unzählige Bilder, bei denen ich von vornherein weiß, dass sie nie jemand sehen wird. Dennoch macht es Spaß, kreativ zu sein und die Welt aus einer einzigartigen, meiner Perspektive zu betrachten – und ein Stück weit auch zu zeigen.
Ein Foto zu machen ist deutlich mehr als auf den Auslöser zu drücken. Meist ist der Vorgang damit ja nicht mal abgeschlossen. Es gibt spontane Arbeiten und welche, denen viel Planung vorausgegangen ist. Von Grund auf etwas zu schaffen und zu sehen, wie es Form annimmt, kann eine tiefe Zufriedenheit bringen.
Ein ganz wichtiger Bestandteil der Angelegenheit ist, dass man zwangsweise über interessante Menschen stolpert. Natürlich ist auch etwas Fallobst dabei. Wo nicht? Aber, und man mag mich naiv nennen, ich bleibe bei der Überzeugung, dass kreative Menschen offene Menschen sind.
Sich an der Vielfalt der Meinungen, Standpunkte und Perspektiven zu erfreuen wiegt so schwer, wie sich an dem Werk zu erfreuen.
Akzeptiere die Andersartigkeit, und glaube nicht, dass Dir Deine zum Vorteil gereicht.