Vielleicht liegt es an der ausklingenden Winterdepression, den sich langsam verabschiedenden Rückenschmerzen, die ich aus einem wettermäßig nicht so tollem Urlaub mitgebracht habe, vielleicht passt es auch einfach gerade weil ich etwas über Bildkritiken und „the art of learning“ gelesen habe, und weil mein bestes Bild des letzten Monats ein lucky shot war?

Warum also dieser Artikel, der doch eigentlich nichts Neues beinhaltet, eher so etwas wie eine Binse ist? Vielleicht weiß ich es, wenn ich ihn geschrieben habe, und Du, wenn Du ihn gelesen hast.

The Art of Learning

Josh Waitzkin galt als Wunderkind. Erst im Schach und später in der Kampfkunst. In seinem Buch beschreibt er seine Paradigmen, die das Leben ihn gelehrt haben und welche ihn zu seinen Erfolgen verholfen haben.

Ich fasse diese mal nach bestem Wissen und Gewissen und in aller Kürze zusammen;

Schrittweise Verbesserung oder der kontinuierliche Verbesserungsprozess

Der Glaube oder die Hoffnung über Nacht zum Genie zu werden bzw. eine Fähigkeit zu erlangen ist in den meisten Fällen nur mit Frustration verbunden. Konzentriert euch zunächst auf den Prozess, der euch zum Resultat führen soll und nicht auf das Resultat selbst.

Good enough

Strebt nicht nach Perfektion, ihr verschwendet eure Zeit. Versucht euch zu verbessern, aber Perfektion gibt es nicht.

Mit dem Flow

Der Flow ist schwierig zu beschreiben. Ich kenne ihn u.a. vom mountainbiken, wenn der Weg so ist, dass die Bewegungen rund sind, ich es „laufen“ lassen kann, ich nicht konzentriert über mein Handeln nachdenken muss. Keine hektischen Aktionen wie in technisch anspruchsvollen Passagen und keine Quälerei auf steilen Anstiegen. Sich der Situtation anpassen und in dem ihr gegebenen Ryhtmus bewegen. Waitzkin benutzt die Metapher eines sich im Winde bewegenden Grashalmes. Im Gegensatz dazu einen vertrockneten Ast, der unter der Windlast bricht.

Raus aus der Komfortzone

Wenn wir immer das tun, in dem wir uns sicher und aufgehoben fühlen, dann werden wir uns nicht weiterentwicklen können. Angst vor dem Neuen, Ungewissen zu haben ist völlig natürlich. Wir müssen mit Offenheit und Neugierde sie versuchen zu überwinden.

Das Gute am scheitern

Aus Fehlern lernt man – hieß es früher mal. Heute habe ich den Eindruck, dass sie ein Makel sind. Das sie verschwiegen, vertuscht und verdrängt werden. So lernt man aber nichts aus ihnen und macht sie schlimmstenfalls erneut. Waitzkin empfiehlt hingegen, Situationen, die zu dem Fehler führten, explizit anzusteuern. Bis man sie fehlerfrei meistert.

Übersetzt auf das Fotografieren könnte dies bedeuten, dass ich nicht vorschnell die „misslungenen“ Bilder lösche, sondern mir Gedanken mache, was und warum an dem Bild misslungen ist. Und das ich versuche, die gleiche Situation besser in den Griff zu bekommen.

Du bist Dein Maßstab!

Darf ich nicht zufrieden sein? Muss ich mich laufend optimieren? Zufriedenheit ist der Quotient von Erwartetem und Erreichtem. Da haben wir also schon mal zwei Stellschrauben. Ausgehend davon, dass Zufriedenheit das Ziel ist, kann ich auch einfach mal (von mir selbst) weniger erwarten und in anderen Fällen mehr erreichen.

Absolut nichts zu erwarten und nichts zu erreichen, sich quasi hirntot zu stellen, geht zum Glück schon mathematisch nicht; division durch null 🙂 Abseits der Mathematik steuert hoffentlich die Neugierde dagegen.

Wie sagte Oscar Wild so richtig „Sei Du selbst, alle anderen sind bereits vergeben„.

Albert Einstein sagte mal, dass er die Schule nur deswegen überlebt hat, weil er die Dinge auf seine Weise tat.

Und damit bekomme ich nun hoffentlich so halbwegs die Kurve zur Bildkritik, und den Fokus auf die Fotografie. Ich rede hier von der „freien“, der kreativen Fotografie.
Wenn es eine klar umrissene Aufgabe gibt, die Du zu erfüllen hast, aus welchen Gründen auch immer, dann ist die Erfüllung der Aufgabe der Maßstab.
Aber in den anderen Fällen kannst nur Du selbst beurteilen, ob das Bild gut oder schlecht ist. Likes oder Hates anderer, besonders derer, deren Expertise Du nicht mal einschätzen kannst, ist bedeutungslos.
Woher soll jemand wissen, der das Foto nicht kennt, das Konzept nicht kennt, den Hintergrund nicht kennt und nicht weiß was das Bild aussagen soll, ob das Bild gut oder schlecht ist.
Er kann sagen dass es ihm gefällt oder auch nicht. Aber ist das wichtig? Der eine sagt so, der andere so. Wenn ich anfange diesen Meinungen nachzulaufen, dann laufe ich dauernd in eine andere Richtung – oder auf einem riesigen Trampelpfad mit Tausend anderen.

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