Vor wenigen Tagen war ich erneut im Kunst-Palast in der Lindbergh Ausstellung „UNTOLD STORIES„. Diesmal inkl. Führung. Für diese habe ich mich bereits vor langer Zeit angemeldet. Die Führungen waren alle sehr schnell ausverkauft und obwohl der Kunst-Palast eine Menge Sondertermine nachgereicht hatte, waren auch diese alle schnell vergeben.
Im ersten Teil „bemängelte“ ich ja, dass mir die Ausstellung zu voll gehangen ist und sich mir die Hängung nicht erschließt. Da hatte ich Abhilfe von und durch die Führung erhofft.
Wie gut das geklappt hat? Weiter lesen 🙂
So viel vorab, die Führung war toll und ich würde sie jedem nur wärmstens ans Herz legen – wenn sie nicht alle ausverkauft wären.
Während der Führung erfährt man einiges, wobei natürlich zwangsläufig nicht alles neu ist.
Ein wichtiger Aspekt ist, dass eben nicht nur die nie zuvor gezeigten Bilder die „untold Stories“ sind, sondern die Bilder im gegenseitigen Kontext neue Geschichten erzählen.
Es wird viel von Blickachsen gesprochen, von wiederkehrenden, verbindenden Motiven, aber Lindbergh hat sich (leider) nie geäußert warum welches Bild in der Ausstellung ist. Und so sind viele Erklärungen Thesen. Durchaus interessant. Und vieles davon ist mir selbst zuvor nicht aufgefallen, aber die Frage bleibt; wenn ich aus den unendlichen Bilder-Mengen Lindberghs nur 140 für eine Ausstellung aussuchen darf, warum hängt dann Flipper da? Oder ein Stier, oder ein paar Schuhe?
Vielleicht war es Lindberghs Absicht, dass der Besucher sich genau diese Fragen stellt und somit die Bedeutung der anderen Bilder, aber eben auch dieser, zu erhöhen.
So wie es durchaus Absicht war, nicht entspiegeltes Glas zu verwenden. Er wollte, dass der Betrachter sich in den Bildern spiegelt, sich in diesen wiederfindet, zu einem Teil des Bildes wird.
Jedes Bild ist ein Statement. Nicht jedes erkenne oder verstehe ich. Aber es wäre mehr als naiv davon auszugehen, dass Lindbergh auch nur ein Bild zufällig ausgewählt hätte, oder der Platz, an dem es letztlich hängt, nicht genau geplant wäre. Über zwei Jahre hat er an dieser Ausstellung gearbeitet.
Natürlich hat er den schiefen Horizont gesehen, den Schweinwerfer, der in das Bild ragt und all die anderen, vielen, kleinen Unperfektionen. Dass er sie zeigt, dass er sie zu seinen 140 wichtigsten Bildern zählt, ist ein Statement!
Ich feiere diesen Mann für sein Ausbrechen aus den Konventionen. Für den Mut, den er macht, es ihm gleich zu tun. Dafür, dass er den Tellerrand ein wenig erweitert – wenn man es zulässt.
So z.B. auch in seinem Buch „Dior“, wo man auf den ersten 10 Seiten nicht ein Bild findet, welches scharf ist. Es ist sogar eins dabei, wo ich bis heute nicht weiß, was ich da eigentlich sehe. Oh Herr Lindbergh, allein für diese „Frechheit“ in einem 150€ teuren Bildband, liebe ich sie.
Man muss bedenken, dass Lindbergh Modefotograf war. Ich muss selber dabei schmunzeln. Weniger kann eine Ausstellung, bei der es hauptsächlich um Menschen geht, und die nicht für den Nudistenverband ist, kaum mit Mode zu tun haben.
Der Besuch hat sich erneut gelohnt. Eine Ausstellung an der man sich reiben kann und die Fragen aufwirft und auch mit Führung nicht alle beantwortet. Ist dies nicht so viel mehr wert als wenn man raus geht und sagen würde „schöne Bilder“?
Man muss sich vor Augen führen, dass diese Ausstellung mit Sicherheit einmalig ist. Die Bilder werden zwar auch in anderen Städten gezeigt, aber der Ausstellungsraum reist nicht mit. Seit 2017 hat Lindbergh an dieser Ausstellung gearbeitet, war in Düsseldorf, hat extra zwei Wände einziehen lassen und hatte ein Modell der Räumlichkeiten in Paris.
Übrigens finde ich es sehr bemerkenswert, dass Lindbergh seine wohl berühmtesten Bilder der „Supermodels“ hier nicht zeigt.
Meine Lieblingsbilder: Helen Mirren & Kate Moss. Aber auch alle „streetigen“ mag ich sehr.
Es war bestimmt nicht die letzte Ausstellung mit vielen noch nie gezeigten Werken von Peter Lindbergh, aber es macht traurig zu wissen, dass es keine neuen geben wird. Mindestens genauso werde ich aber die Interviews, generell seine Meinungsäußerungen, vermissen.
R.I.P. Peter.
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