Wenig verwunderlich geht der Einzug von KI-gestützten Funktionen mit der im Oktober 2023 erschienenen Version 13.0 weiter.
Die Neuerungen im Überblick gibt es hier.
Es wird weich
Interaktives weichzeichnen. Natürlich mit Hilfe der KI.
Die wahrscheinlichste spannendste Änderung dürfte „Lens Blur“ oder „Objektivunschärfe“, wie es in der deutschen Version heißt, sein.
Endlich Schluss mit teuren, schweren und extrem lichtstarken Objektiven? Wer mal mit einem Ofenrohr wie dem Sigma 105/1.4 gearbeitet hat, der wird sich freuen.
Bevor wir uns die Möglichkeiten etwas genauer anschauen, sei aber gesagt, dass die Funktion noch in der Entwicklung ist. Aber sind das nicht irgendwie sowieso Alle?
Es geht also nicht darum, dass bei bestimmten Bildern und bestimmten Einstellungen Fehler im Schärfeverlauf zu entdecken sein könnten.
Man klicke auf „Anwenden“, warte ein paar Sekunden und der Kreativität sind wieder ein paar Grenzen weniger gesetzt.
Wie das funktioniert und was man so machen kann, könnt ihr euch u.a. hier anschauen.
Es hier zu erklären macht wenig Sinn und außerdem muss ich erstmal selber damit spielen.
Mir geht es mehr darum herauszufinden, welchen Einfluss es auf meine Fotografie und vielleicht sogar Betrachtungsweise haben könnte.
Wir können nun also nun die Schärfentiefe eines Bildes verändern. Das geht nur in eine Richtung. Von scharf zu unscharf.
Meine Einstellung zu geringer bzw. extrem geringer Schärfentiefe hat sich in den letzten Jahren geändert. Anfänglich war ich ein großer Fan von kleiner Schärfe. Das warum hatte ich lange nicht hinterfragt.
Im Allgemeinen kommen Bilder mit starkem Schärfeverlauf und schickem Bokeh gut an. Sie fallen auf. Wahrscheinlich weil Handys das bisher nicht so hinbekommen. Und als Fotograf macht man es sich einfach. Man muss sich nicht um Bildkomposition und Hintergrund kümmern. Die Kombi von Close-up und krasser Offenblende sind kaum zu schlagen 🙂
Das Ganze ist oft nah an Effekthascherei. So meine heutige Meinung. Ich habe die Blende auch ohne wirklich nachzudenken aufgerissen. Es ging nicht darum, irgendeine Bildaussage damit zu unterstützen, sondern auf einfache Weise ein gefälliges Bild zu machen.
In den Tiefen meines Lightroom-Kataloges habe ich mal schnell Bilder gesucht, bei denen der Einsatz probiert werden kann und vielleicht auch ein wenig Sinn macht.
Gerade im Akt-Bereich wird es gerne offenblendig. Tiefenschärfe kann man auch über andere Faktoren beeinflussen, aber in einem Studio oder Hotelzimmer wird es mit Brennweite und Abständen schnell schwierig.
Ich hatte mich bei diesem Bild bewusst für f5 entschieden. Es gibt aber auch Varianten mit f1.4. In meinen Augen ist es hier wirklich Geschmackssache, denn der Hintergrund tut nichts zum Bild, stört es aber auch nicht.
Könnt ihr erkennen, ob die Unschärfe „echt“ ist? Und vor allem; spielt es eine Rolle?
Gerade in den sozialen Medien, wo nicht jeder Bildforensiker ist, ist es doch völlig wurscht. Aktuell liegt die durchschnittliche Betrachtungsdauer für Bilder auf Insta bei unter einer halben Sekunde.
Und ich muss sagen, dass mir im Moment die „geunschärfte“ Variante besser gefällt.
Für ein abschließendes Urteil ist es viel zu früh. Wobei ich mich gerade frage, ob in einer sich schnell drehenden Welt überhaupt Platz für abschließende Urteil ist!? Aber ist mal wieder ein anderes Thema. Der erste, naheliegende Gedanke ist, in Zukunft mit deutlich mehr Tiefenschärfe zu arbeiten. Ich kann es ja schließlich in der Nachbearbeitung ändern. Andersherum funktioniert nicht so gut 🙂
Ich weiß, dass es da draußen einige gibt, die jetzt wieder aufschreien und sagen, dass das ja alles nichts mehr mit Fotografie zu tun hat. Ich nenne sie gerne die OOC-Puristen (gesprochen Ohgpuristen). Wobei OOC für out-of-cam steht und gemeint ist damit, dass das Foto nicht mehr außerhalb der Kamera nachbearbeitet wird. Klar, kann man machen. Sagt aber nichts aus. Macht das Bild nicht besser oder schlechter.
Was oft gemeint ist, dass man sich vorher alles gut überlegt und eingestellt hat, bevor man auslöst. Und dann kann man das Prädikatssiegel „ooc“ auf sein Bild kleben. Auch ok. Soll jeder drauf kleben, wozu er lustig ist. Für mich sagt „ooc“ erstmal gar nichts aus. Im extrem; es gibt Kameras mit integriertem Lightroom 🙂 Ich wehre mich auch eher gegen den impliziten Umkehrschluss und vor allem die Pauschalisierung, dass man sonst ja ohne Sinn und Verstand irgendein Bild macht und es sich danach am Computer zu Recht dreht. Aber das ist schwarz-weiß-denken. Und auch wenn ich schwarz/weiß liebe, so doch nicht beim Denken.
Wenn wir nicht gerade in der Reportage oder Doku unterwegs sind, dann spielt es doch kaum eine Rolle, ob wir den Pickel mit make-up abgedeckt haben, oder er in der Nachbearbeitung weg gestempelt wird.
Natürlich kann man alles übertreiben. Irgendwann hat es auch nach meiner Einschätzung nicht mehr viel mit Fotografie zu tun, sondern ist dann Computergrafik. Aber es ist immer noch ein kreativer Prozess. Also was für eine Rolle spielt es?
Adobe gibt uns erneut neue, mächtige Möglichkeiten. Lernen wir sie kennen und entscheiden dann, ob und wann wir sie nutzen.
Model: @amydelion