Irgendwie ist es immer das Gleiche. So oft laufen die Gedanken oder Diskussion oder auch Beides auf die eine Frage hin; was ist Kunst? Oder anders ausgedrückt; gibt es eine Ordnung im Sinne von „schlechter“ und „guter“ Werke in der Kunst?

Der Artikel in der Huffington Post führte mich quasi zwangsweise auch wieder zu dieser Frage. Der Autor bemängelt, dass der Begriff „Street“ so undifferenziert ist, dass „the brilliant and time-honored work“ der großen Fotografen wie Evans, Meyerowitz und wie sie alle heißen, in einen Topf mit den ganzen stümperhaften Bildern der vielen Hobbyknipser geworfen wird.

„I think much of what we know and call street photography today is in for a serious moment of truth.“

Der Moment der Wahrheit ist also gekommen für die Straßenfotografie.

Der niederschwellige Zugang zu Street ist sowohl positiv wie auch das Problem. Der Fotograf braucht nicht viel an Ausrüstung – und auch nicht viel an Ausbildung. Während in anderen Künsten die Leute aufgeben, wenn sie nichts auf die Reihe bekommen, so gilt dies nicht für die Straßenfotografie. Die Leute produzieren und verteilen ihre „street photography“ weiter.

So ungefähr steht es in dem Artikel, und das ist das, worum es dem Autor geht. Es geht um die „schlechten Bilder“. Aber gibt es wirklich einen allgemeingültigen Qualitätsmaßstab? Sehr oft werden Bilder erst dann als gut und wichtig bewertet, wenn sie in einer anderen Kultur als der, in der sie entstanden sind, betrachtet werden. Die „Kulturverschiebung“ kann zeitlich und/oder geografisch sein.

Wir alle kennen wahrscheinlich die Elendsfotografie. Man reist nach Afrika oder Südamerika oder halt an irgendeinen Ort, der sich möglichst stark von dem unterscheidet, was wir als normal ansehen. Und da macht man halt seine Bilder. Ich frage mich dann oft, ob die Einheimischen diese Bilder als was ganz Tolles ansehen – oder doch eher als langweilig und gewöhnlich. Wird das Bild also nur dadurch gut, dass es in einer anderen Kultur gezeigt wird?

Oft werden Werke erst nach dem Tod des Produzenten bedeutsam. Das hat bestimmt viel mit Geld und Handel zu tun, aber auch damit, dass es uns Einblick in eine andere, eine vergangene Kultur bietet.

Um die gute von der schlechten Street zu unterscheiden bietet der Autor uns den Begriff „amateur street photography“ an.

Vieles in dem Artikel kommt mir bekannt vor. Das Hauptproblem sehe ich in dem immensen Output bei gleichzeitigem Desinteresse. Kaum ein Fotograf beschäftigt sich ernsthaft mit den Werken Anderer. Hier und da wird geplused oder geliked, aber ein Kommentar ist extrem selten und eine Kritik gibt es so gut wie nie. Produzieren und posten. Mehr scheint nicht drin zu sein. Damit entwickelt sich weder der einzelne Fotograf noch das Genre ernsthaft weiter.

Aber mit der Unterscheidung zwischen „gut“ und „schlecht“ tue ich mich schwer. Ebenso mit der Frage „ist das Kunst?“, die ich mir auch gerne mal in Ausstellungen stelle. Natürlich gibt es auch Bilder, die ich einfach gelöscht hätte, aber irgendjemand war der Meinung sie in ein Museum hängen zu müssen. Vielleicht weil sie von Bruce Gilden waren 🙂

 

Nachtrag, 21.10.2015:

Mit dem gleichen Thema, aber irgendwie doch ganz anders, beschäftigt sich Paddy in diesem Artikel.

One thought on “Street Photography Has No Clothes”

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