Ein bisschen Hintergrund und Geschichte zur Ausstellung „Ausgeprägte Ansichten“ des Lichtbild-Kollektiv. Und ein kleiner Ausblick wie es in der virtuellen Welt weitergehen könnte.
Meine erste Ausstellung ist eine virtuelle. Und es ist auch nicht wirklich meine, sondern unsere.
Ende 2020 fragte ich in meinem fotografischen Freundeskreis, ob Interesse bestünde an regelmäßigen Online-Treffen bei denen wir neben Bildbesprechungen (eigene wie auch fremde) alle möglichen Themen zur Fotografie behandeln.
Aus dieser Anfrage entstand ein kleiner, feiner Zirkel der sich vor kurzem zum 60.ten Male traf.
Der größte Teil von uns kennt sich persönlich bereits aus Vor-Corona-Zeiten. Die Hoffnung war und ist, dass wir uns nicht nur online treffen, sondern auch gemeinsam Ausstellungen besuchen, an Meetups teilnehmen oder einfach nur ein gepflegtes Gin-Picknick veranstalten.
Wenig davon ist 2021 passiert. Corona und tlw. auch dem Wetter sei dank.
Relativ früh kam die Idee auf, zusammen eine Ausstellung zu machen. Irgendwann, wenn es wieder geht. So richtig weit ist die Idee nicht gediehen.
Eines Tages bin ich über das mozilla hubs System gestolpert und dachte mir, dass es vielleicht gar nicht so schlecht ist, den Zwischenschritt einer Ausstellung im Netz zu machen. Das Ganze ist ein Experiment. Die Software ist sowohl komplex wie auch ein wenig hakelig und ich bin wahrlich kein Profi in 3D-Grafiksystemen. Ich bin aber auch kein Profi bzgl. Ausstellungen. D.h. Fragen wie man z.B. die beste Hängung vornimmt oder überhaupt zu einer überzeugenden Auswahl kommt, sind für mich neu.
Zum Glück sind wir ja ein Team. Und so besprechen wir all diese Dinge in der Gruppe – was die Sache nicht unbedingt schneller macht, aber mit Sicherheit besser. Außerdem ist es ja der Sinn der Gruppe mit- und aneinander zu lernen. Selten passt der Spruch „der Weg ist das Ziel“ so gut wie hier.
Dennoch ist ankommen natürlich durchaus ein Bestandteil des Plans 🙂
Am Anfang konzentrierte ich mich mehr auf die Technik um überhaupt grob die Möglichkeiten abzuschätzen, die dieses System uns bietet. So kann man bei mozialle hubs nicht nur Bilder in virtuellen Räumen aufhängen, sondern auch Videos und Audios installieren, Licht setzen (in verschiedenen Varianten) und vieles mehr wovon ich bis heute keine Ahnung habe.
Ich muss ehrlich zugeben, dass ich mich recht schwer tue, dass System in Worten zu beschreiben. Nur so viel, in diesen virtuellen Räumen können sich bis zu 25 Personen, vertreten durch einen Avatar, treffen und miteinander interagieren. Wobei ich das positionsabhängige Audio extrem spannend finde. Ist mein Avatar nahe einer Audioquelle, dass kann auch eine andere Person, ein Audio oder Video sein, so ist es lauter als wenn ich entfernt stehe.
Das Ganze läuft im (modernen) Browser (am besten Chrome oder FireFox) und ist kostenlos. Selbst auf dem Handy ist ein Besuch möglich.
Gebaut wird in mozilla spoke. Zum Glück gibt es da schon Vieles was man benutzen kann. Auch unsere Ausstellungsräume sind dort schon vorhanden und wollen „nur“ noch gefüllt werden.
Zumindest dachte ich das eine Weile. Das Aufhängen der Bilder, und damit meine ich den rein technischen Vorgang, hat man relativ schnell raus. Es ist etwas fummelig und immer wieder habe ich einen Spalt zwischen Bild und Wand, aber es ist beherrschbar.
Richtig schwierig wurde es für mich, als wir feststellten bzw. festlegten, dass wir jedem Teilnehmer der Ausstellung einen Raum zur Verfügung stellen wollten, es nur sechs Räume gibt, wir aber acht sind.
Anfänglich dachte ich, dass auch das kein Problem sei. Wir sind schließlich in der Welt von copy&paste. Das Duplizieren und Positionieren von Räumen war auch nicht das Problem. Aber dummerweise liegen die Ausgänge/Durchbrüche nicht an den Stellen wo wir sie brauchen.
So wurde ich zu Bob dem Baumeister. Wenn man es noch nie gemacht hat, dann ist die Lernkurve wahrlich steil. Für jemanden, der sich in 3D-Welten auskennt, ist es einfach lächerlich.
Nun gut, ich tat es nicht – und tue es noch immer nicht. Ich bin froh, dass ich das Nötigste hinbekommen habe. Und das es Enthusiasten gibt, die eine fantastische Software wie Blender 3D schreiben und kostenlos zur Verfügung stellen. Und das es andere gibt, die auf Youtube den Umgang damit erklären.
Es ist mir schon ein wenig peinlich diese Software lediglich für Mauerdurchbrüche eingesetzt zu haben. Andere bauen damit wirklich Welten oder komplette animierte Filme.
Aber so war es dann auch mir möglich, den vorhandenen Wänden weitere Durchbrüche hinzuzufügen.
Und irgendwann waren dann alle Räume da wo sie hinsollten mit Durchgängen da wo sie hinsollten.
Während des Baus haben wir schon angefangen die dort zukünftig aufzuhängenden Bilder auszuwählen.
Die Grundidee war, dass jeder von uns 5 Bilder aufhängen kann, zuvor die doppelte Anzahl auswählt und wir in der Gruppe diese Auswahl besprechen. Das letzte Wort hat natürlich immer der Künstler. Es geht bei diesen Besprechungen mehr darüber, selber Klarheit zu bekommen. Dadurch, dass man seine eigenen Gedanken darlegt und die anderen ihre äußern. Dieser Prozess ist oft sehr erkenntnisreich und befruchtend – und zwar für Alle.
Im Grunde ist es genau das, worum es bei allen Treffen geht. Auch wenn es bedeutet, dass man sich danach noch mal ins stille Kämmerlein zurückzieht und von Grund auf neu denkt.
Nachdem das Gebäude nun also endlich stand ging es an den Inhalt
Zurück zu hubs. Da das beschreiben mit den Worten so schwierig ist, laden wir doch lieber in die Ausstellung ein. Wir werden versuchen öfter mal anwesend zu sein. Nicht nur um Frage und Antwort zu stehen – im Rahmen unserer Möglichkeiten – sondern auch, um zu schauen ob und wie es genutzt wird.
Den letztlich geht es natürlich darum. Wenn niemand die Ausstellung besucht, dann war es zwar eine interessante Lernerfahrung, aber das ist kein Grund auf Dauer Arbeit und Zeit zu investieren.
Ich möchte die Benutzung gar nicht lange erklären, da ich lieber zum ausprobieren einladen möchte und ich auch sehen möchte, wie niederschwellig der Zugang ist. Denn für eine „echte“ Ausstellung braucht ja auch niemand eine Anleitung. Nur so viel, bewegen kann man sich (u.a.) mit der Maus in Kombination mit den Tasten W,A,S,D – Computerspielern dürfte es bekannt vorkommen. Für die anderen gilt; einfach mal machen 🙂
Die Ausstellung ist nun schon eine Weile „draußen“. Die erste Aufregung hat sich gelegt, auch meine Enttäuschung, dass es doch kaum Feedback gab bisher. Gelegentlich schaue ich rein, sie ist da und das ist auch gut so.
Ich bin mir noch nicht sicher wo ich eine virtuelle Ausstellung als Konzept einordnen soll. Irgendwo zwischen Insta und einer „richtigen“ Ausstellung? Oder wirklich als eigene Form einer Ausstellung neben die echte?
Macht ein Vergleich zwischen echt und virtuell Sinn? Der Versuch möglichst „echt“ zu erscheinen? Man könnte die Bilder ja in virtuelle Rahmen packen mit mehr oder weniger spiegelndem Glas? Aber letztlich wird es, wenn man versucht die Realität nachzubauen, immer eine schlechte Kopie bleiben. Man wird nie neben einer anderen Person stehen, ein Bild betrachten – und ihr kleines Tattoo im Nacken, welches nur zum Teil unter der modernen Kurzhaarfrisur zu sehen ist. Ihr Parfum riechen, diese zwei Sekunden genießen bevor sie weiter geht und unser Blick zurück zum Bild. So wie ihr Duft noch ein wenig im Raum bleibt, so tun es auch unsere Gedanken bis auch sie dem Blick folgen und wieder beim Bild ankommen.
Zur Zeit arbeite ich an meiner virtuellen Galerie. Der Grundstock ist ja vorhanden. Die Bilder werden anderes präsentiert und es wird eben keine statische Ausstellung. Es geht auch darum die Eigenheiten oder Vorteile des Virtuellen zu nutzen und es eben nicht nur als schlechten Ersatz der Realität zu sehen.
Es soll eine Art Bild-Erweiterung zum Blog sein. Aber nur lose angebunden. Durchaus auch selbständig erfahrbar sein und nicht stetig wachsend, sondern sich verändernd.
Zur Zeit plane ich einen dauerhaften Teil, der mehr oder weniger ein Ritt durchs Portfolio ist. Was sich natürlich auch laufend ändert, aber selten entscheidend.
Der Bereich „Sonderausstellung“ wird deutlich öfter sich ändern und den unterschiedlichsten Themen folgen. Vielleicht mal „close up“, „Yoko-Ono-Gedächtnisbrille“, „Nude“, „Urlaub“ usw. usf.
Wir werden sehen, es ist und bleibt ein Experiment 🙂