Vorweg, der Titel ist nicht autobiografisch.

Was ich vermisse ist die Kritik. Die Bereitschaft sich mit den Arbeiten, Meinungen, Standpunkten und Sichtweisen von anderen auseinanderzusetzen, Zeit und Energie zu investieren und die eigene Meinung respektvoll zu vertreten. Dies ist so viel mehr an Wertschätzung und Respekt als ein dahingehuschtes Lob.

„Wer alle lobt, lobt keinen. “

Samuel Johnson.

Nicht nur in den sozialen Medien, wo es nach meiner Beobachtung zunehmend in die Extreme geht, entweder Hass oder Lobhudelei, vermisse ich die konstruktive Kritik.
Auf Fragen wie „Was hältst Du von der Strecke, dem Bild, der Ausstellung?“ kommt die flache Antwort „klasse“. Wer leistet sich denn heute noch eine Meinung, einen Standpunkt und ist im Zweifel auch noch bereit sich hierfür einzusetzen?

Es ist wie mit der Frau meines Klassenlehrers vor Jahrzehnten „Mit Leuten, die anderer Meinung sind als ich, diskutiere ich nicht“ 🙁
Welch armseliges Dasein.

Für mich beinhaltet das kritisieren auch immer ein reflektieren. D.h. ich profitiere immer. Egal ob ich die Kritik äußere oder sie empfange. Natürlich nur, wenn ich sie als profund ansehe. Dann spielt es auch keine Rolle ob sie positiv oder negativ ist. Wobei ich der positiven meist zweifelnder gegenüberstehe, denn, wie gesagt, ein „Finde ich super“ ist oft dahin gesagt um sich keine Mühe machen zu müssen – was man bei Nachfragen dann schnell merkt.

In der Andersartigkeit, in der Vielfalt liegt doch der Gewinn. Natürlich hat das seine Grenzen. Mit Intoleranten muss man nicht wirklich tolerant sein.
Aber von Aluhutträgern und Putinverstehern rede ich auch gar nicht. Es geht mehr darum, dass ich das Gefühl habe, dass wir alle so unendlich müde und erschöpft sind, dass wir keine Zeit und Energie mehr aufbringen überhaupt zuzuhören, geschweige denn uns mit dem Gehörten auseinanderzusetzen und deswegen die Umgehungsstrasse des Lobens nutzen.