Beim Tethering geht es um Bindung. Also wie fast immer im Leben. In der Fotografie allerdings um die Anbindung einer Kamera an einen Computer.

Das Ziel: Die Aufnahmen sollen drahtlos direkt auf mein Surface übertragen und dargestellt werden zur Kontrolle für mich und das Modell. Da denkt man natürlich direkt an eine Studio- oder Homesituation, wo Strom und WiFi vorhanden sind und sich nicht so viel bewegt wird.
Also eigentlich Situationen in denen ich gar nicht so oft fotografiere. Und ehrlich gesagt hat mich die Info über die neue Firmware 4.0 für die Sony erst auf die Idee gebracht dies mal auszuprobieren 🙂

Ich kann mir auch andere Einsatzzwecke vorstellen. So z.B. die direkte und drahtlose Übertragung der RAWs auf den Zielcomputer. Für mich wahrscheinlich nicht so relevant. Da bleibe ich bei der direkten Verwendung der Speicherkarte. Am Ende muss die ja sowieso geleert werden. Aber wer weiss…
Hauptsächlich war ich einfach neugierig und experimentierfreudig.

Die Anleitung erscheint vlt. erst einmal kompliziert und schwierig. Ist es aber nicht. Und einen großen Teil der Aufgaben muss man ja nur einmal machen.

Benötigt wird:
– Sony a7iii mit Firmware 4.0
– Ein FTP Server. In diesem Fall für Windows 10.
Da ich diesen für sonst nichts brauche sollte er klein, leise (ohne Installation auskommen) und kostenlos sein.
Ich habe mich für Quick and easy entschieden.
– Ein Lightroom classic zum anzeigen
Hier könnte man, wenn es wirklich nur ums anzeigen geht, auch eine kleinere und schnellere Anwendung finden, da bin ich mir sicher.

Nun geht es los

Im ersten Schritt die Sony auf die Firmware 4.0 gebracht. Danach den FTP-Server gezogen, ausgepackt und gestartet. Schnell einen Account angelegt. Dieser Account ist nachher unsere Kamera.
account: sonya7iii, passwort
und ein Verzeichnis angegeben auf welches dieser Account Zugriff hat.

Beim ersten Start meldet sich vermutlich die Firewall. Einfach „zulassen“ bestätigen.

Jetzt die Einstellungen an der Sony vornehmen. Weiterführende Info und Hilfe gibt es hier.

MENU -> Netzwerk – FTP-Übertrag.funkt. → Server-Einstellung → Server 1

Der hostname ist der Name des Computers. Den könnt ihr über tausend Wege feststellen. Einer der einfachen ist im Explorer unter Netzwerk zu schauen, oder im Explorer das Kontextmenü von „Dieser PC“ aufrufen und die Eigenschaften anzeigen lassen.
Sagen wir mal, der Rechner heisst „mein-surface“ 🙂

hostname: mein-surface
Sicherheitsprotokoll: aus

Besser, aber auch komplizierter, ist es mit Sicherheitsprotokoll. Jetzt schätze ich die Wahrscheinlichkeit eines Hackerangriffes während ich mit Tethering shoote als sehr gering ein. Würde ich diese Lösung dauerhaft in einem Studio einsetzen, dann würde ich das anders sehen.

Port: 21
Verzeichniseinstellungen: unverändert

Im FTP-Menü an Stelle 3 noch die autom. Übertragung aktivieren und ggf. einschränken was übertragen werden soll.

Ich brauche hier kein RAW, ganz im Gegenteil. Denn ich möchte ja, dass die bildbestimmenden Einstellungen der Kamera (z.B. s/w) auch direkt angezeigt werden. Und das JPEG ist viel viel kleiner und somit schneller übertragen 🙂

Der Computer muss im selben Netz sein wie die Kamera. D.h. wenn ihr den Spaß in einer fremden Umgebung (Mietstudio o.ä.) bzw. in einem fremden Netz machen wollt, dann muss Computer und Kamera natürlich erst mal in das Netz gebracht werden. Alternativ könnte man sein eigenes mobiles Netz aufspannen. Z.B. per Hotspot über das Handy.

Am einfachsten geht es per

MENU -> Netzwerk -> Wi-Fi-Einstellungen -> WPS-Tastendruck

Schwups ist die Kamera im Netz angemeldet.
Der Flugzeugmodus muss natürlich aus sein. Bedenkt, dass ihr den Flugmodus ggf. wieder einschaltet, wenn ihr das Tethering nicht mehr braucht, um Energie zu sparen.

Jetzt noch Lightroom (classic) kurz einrichten.

Im Menü „Datei“ im Untermenü „Automatisch importieren“ den Punkt „Einstellungen für den automatischen Import“ aufrufen.

Natürlich muss der automatische Import aktiviert werden und als überwachten Ordner müssen wir den auswählen, den wir oben beim FTP-Server angegeben haben. In meinem Fall hatte ich ihn „sonya7iii“ genannt.

Der Ordner „Automatisch importierte Fotos“ erscheint in der Liste der Ordner erst nach dem das erste Bild von dort importiert wurde. Erst danach kann er selektiert werden. Aber ab dann zeigt Lightroom immer das zuletzt automatisch importierte, also in unserem Szenario, geschossene, Bild an.

Beim Import wird das Bild aus dem überwachten Ordner entfernt. Also nicht wundern 🙂

Voila! Fertig. Die Anbinding ist fertig und wie ein kurzer Test zeigt funktioniert sie auch 🙂

In meiner Umgebung dauert es ca. 6 Sekunden vom auslösen bis zum anzeigen. Ein grenzwertiger Wert in meinen Augen. Andererseits, wenn ich nach dem Schuss zum Modell gehe, auf Wiedergabe wechsle, ihr das Bild zeige und wieder zurück gehe, dann wird das kaum schneller sein. Und viel schlimmer, wir kommen beide deutlich mehr raus, als wenn man kurz mal einen Blick auf den Computer wirft.
Was da so lange dauert weiß ich noch nicht. Das kleine Surface ist mit LR schon ziemlich an seinen Grenzen.
Da ich die JPEGs nie verwende und nur für den Notfall auf Karte 2 speichere, und das bereits in einer verkleinerten Auflösung, und sie hier nur zur Ansicht benötigt wird, könnte die Auflösung weiter verringert werden. Vielleicht bringt das noch was.
Es ist nicht so, dass man erst nach der Übertragung das nächste Bild machen kann. Da wird man nicht ausgebremst.

Ich weiß ehrlich gesagt noch nicht ob ich dafür wirklich eine sinnvolle Anwendung finde. Meine Art der Fotografie passt da wohl nicht so richtig zu. Ich mag es draußen, schneller, dynamischer. Ich schaue mir fast nie die Ergebnisse zwischendurch an. Dafür gelegentlich in den Pausen. Und wenn die dann alle schon auf dem Computer/Tablett sind, dann ist das natürlich auch nicht schlecht.
Egal, es war interessant und hat Spaß gemacht es auszuprobieren.

Nachtrag:
Hm, vielleicht doch ganz praktisch!? Ich habe zwischenzeitlich drei (Produkt)Bilder zu Hause gemacht. Also kein Shooting. Und als ich gerade wegen des Artikels Lightroom auf dem Surface geöffnet habe war ich positiv überrascht, dass diese drei Bilder bereits importiert waren. In so einem Fall ist der Weg über die Speicherkarte doch etwas nerviger.
Mal sehen, wie sich das hier noch entwickelt 🙂